Die Grubenfelder Marcus, Josefi, Neu-Josefi und Neu-Glück sind in den Katastralgemeinden Vordersdorf, Pörbach und Altenmarkt der politischen Gemeinde Wies situiert. Gemeinsam weisen sie ein Flächenausmaß von etwa 154 Hektar auf (siehe Abbildung 1: Übersicht der Grubenfelder in Vordersdorf).
Eine bewegte Bergbau-Geschichte
Die Geschichte des Bergbaus Vordersdorf begann im Jahr 1847, als erste Schurfarbeiten durch Ferdinand Kleber, Glashüttenbesitzer aus Staritsch, durchgeführt wurden. Ein bauwürdiges Flöz fand man damals jedoch noch nicht.
Erst sieben Jahre später teufte Mathias Markus den „Markusschacht“ ab, der in einer Tiefe von 25 Metern das Flöz erreichte. Nachdem er die Bergwerksberechtigungen für das Grubenfeld erhalten hatte (1858), leitete Markus die Ausrichtung der Lagerstätte ein. Im Jahr 1861 kamen Josef Prattes und Josef Kleindienst als Kompagnons dazu, und ein neu abgeteufter Schacht erhielt infolge dessen den Namen „Josefi-Schacht“.
Mit der Gründung der Vordersdorfer Glasfabrik durch Prattes und Kleindienst im Jahr 1865 nahm auch der Bergbau Vordersdorf einen Aufschwung. Im selben Jahr wurden den beiden Kompagnons die Bergwerksberechtigungen für das „Josefi-Grubenfeld“ verliehen. Ab diesem Zeitpunkt versorgte die gewonnene Kohle ausschließlich die Glasfabrik.
In den Jahren 1870 und 1883 erwarben Josef Prattes und Nachfahren das „Neu-Josefi“- und das „Neu-Glück“-Grubenfeld im Raum Vordersdorf und betrieben den Bergbau und die Glashütte bis zur Übernahme durch die Graz-Köflacher Eisenbahn- und Bergbaugesellschaft (GKB) im Jahre 1891.
Als eine der ersten Arbeiten nach der Übernahme teufte die GKB einen neuen Wetterschacht ab, der 95 Meter Tiefe erreichte. Die gewonnene Kohle wurde nun nicht nur mehr ausschließlich für die Glashütte in Vordersdorf verwendet, sondern auch nach Eibiswald und nach Graz abgesetzt.
In den darauf folgenden Jahren sind in der Geschichte des Bergbaus Vordersdorf tragische Zwischenfälle von Schlagwetterexplosionen und Grubenbränden verzeichnet, die mitunter auch tödlichen Ausgang hatten. Zahlreiche Auflagen der Bergbehörden, weitere Grubenbrände und damit verbundene beengte Fördermöglichkeiten sowie große Sicherheitspfeiler zum Schutz der Glashütte im Zentrum der Grube führten zu Beginn des Jahres 1899 zur Stillegung des Bergbaus.
Eine Wiederaufnahme erfolgte in den Jahren 1942 und 1943, als Josef Habisch mit einigen Bergarbeitern einen Schurfbetrieb eröffnete und in diesen Jahren etwa 1.800 Tonnen Kohle gewann.
Im Jahr 1947 schloss Rudolf Schmidt mit der Graz-Köflacher Eisenbahn- und Bergbaugesellschaft einen Pachtvertrag zur Nutzung der Vordersdorfer Grubenfelder ab.
Als erstes begann der neue Pächter mit der Einrichtung der Betriebsstätte, das sogenannte „Bawartgesenke“ (1. Gesenke) wurde angeschlagen. In den weiteren Betriebsjahren diente es der Hauptförderung der Kohle.
1949 schloss die GKB mit der neuen Firma „Weststeirische Glanzkohlengewerkschaft Vordersdorf“ einen Pachtvertrag ab.
In den darauf folgenden Jahren kam es immer wieder zu Schlagwetterexplosionen und Grubenbränden, sodass im Jahr 1954 die Grube Vordersdorf von der Bergbehörde zur Schlagwettergrube erklärt wurde. Im selben Jahr kam es obertägig, ausgehend vom Feinkohlenbunker, zu einem Brand, der in weiterer Folge auf die Sortierung, auf das Kanzleigebäude mit Gerätschaften der Grubenwehr und auf die Haspelhütte übergriff und diese Einrichtungen beträchtlich in Mitleidenschaft zog. Dies, die Gefährdung des Abbaus durch Schlagwettergefahr und die daraus resultierenden wirtschaftlichen Probleme führten in weiterer Folge zur Schließung des Bergbaus im April 1956 unter bergbehördlichen Auflagen. So musste der Wetterschacht zur Gänze verstürzt, das Tagesgesenke auf einer Länge von 30 Metern versetzt und unterhalb davon verlässlich zu Bruch geschossen werden. Des Weiteren mussten Betriebsgebäude abgetragen und der Wassergraben an der Gemeindestraße frei gemacht werden.
Bis zur Einstellung des Bergbaues wurden seit 1891 in Vordersdorf insgesamt 340.598 Tonnen Kohle gewonnen. Insgesamt sind im Bergbau Vordersdorf von Beginn des Bergbaus (1847) etwa 671.000 Tonnen produziert worden.
Erfolgreiche „aktive Verwahrung“
Der Bergbau Vordersdorf umfasst 12 Tagesöffnungen (10 Schächte, 1 Tonnlage, 1 Stollen), die nun von der GKB-Bergbau GmbH lokalisiert, untersucht und gesichert werden konnten (siehe Abbildung 2: Luftbild mit überlagerten Grubenbildern und Tagesöffnungen). Das Hauptaugenmerk lag hierbei auf den tiefen Schächten. In allen Fällen ist damit die Sicherheit der Oberflächennutzung wieder gewährleistet.
Die Tagesöffnungen und durchgeführten Sicherungsarbeiten (siehe Abbildung 3 bis Abbildung 6) sind im Folgenden stichwortartig zusammengefasst:
-
Josefi-Schacht:
-
103 m Teufe
-
Betrieb zwischen 1860 und 1898
-
Stabilisiert durch Abschottung des Schachtfußes und Auffüllen bzw. Verpressen der Schachtfüllsäule
-
-
Neuer Wetterschacht:
-
92 m Teufe
-
Betrieb zwischen 1891 und 1898
-
Gesichert mittels Stahlbetonabdeckplatte auf festem Widerlager mit Kontroll- und Nachfüllschacht
-
-
Alter Wetterschacht:
-
91.5 m Teufe
-
Betrieb zwischen 1860 und 1891
-
Stabilisiert durch Abschottung des Schachtfußes und Auffüllen bzw. Verpressen der Schachtfüllsäule
-
-
Markusschacht:
-
24 m Teufe
-
Betrieb zwischen 1855 und 1858 als Fahrschacht, danach als Wetterschacht
-
Stabilisiert durch Abschottung des Schachtfußes und Auffüllen bzw. Verpressen der Schachtfüllsäule
-
-
Neuglückschacht:
-
96 m Teufe
-
Betrieb zwischen 1870 und 1898
-
Stabilisiert durch Abschottung des Schachtfußes und Auffüllen bzw. Verpressen der Schachtfüllsäule
-
-
Wetterschacht II:
-
32 m Teufe
-
Betrieb zwischen 1949 und 1956
-
Füllsäule wurde mittels Rammsondierungen untersucht
-
-
Wetterschacht TÖ120:
-
~ 5 m Teufe
-
Betrieb bis 1898
-
Überprüfung und Ergänzung der Füllsäule
-
-
Wetterschacht TÖ121:
-
~4 m Teufe
-
Betrieb bis 1898
-
Füllsäule wurde mittels Rammsondierungen untersucht
-
-
Schurfschacht TÖ200:
-
48 m Teufe
-
Betrieb als Schurfschacht, keine Verbindung mit dem Grubengebäude
-
Stabilisiert durch Abschottung des Schachtfußes und Auffüllen bzw. Verpressen der Schachtfüllsäule
-
-
Fahrschacht TÖ205:
-
~ 5 m Teufe
-
Betrieb zwischen 1860 und 1898
-
Stabilisiert durch Abschottung des Schachtfußes und Auffüllen bzw. Verpressen der Schachtfüllsäule
-
-
Zubaustollen TÖ205:
-
115 m Länge
-
Betrieb zwischen 1860 und 1898
-
Stabilisiert durch Abschottung der nachwirkungsrelevanten Bereiche und Auffüllen bzw. Verpressen des vorgesehenen Abschnitts
-
-
1. Gesenke
-
170 m Länge, Einfallen 19° in Richtung Süden
-
Betrieb zwischen 1949 und 1956
-
Im Jahr 1957 gesichert (30 m versetzt und danach zu Bruch geschossen)
-
Im Bereich des ehemaligen Abbaus ist das Auftreten von Bergschäden wegen des weitgehend vollflächigen Abbauverfahrens und der langen Zeitspanne, die seither verstrichen ist, als sehr unwahrscheinlich zu betrachten. Das Grubengebäude ist bereits nach der Schließung „abgesoffen“.
Da der Abbau im westlichen Bereich der Lagerstätte bereits vor mehr als 100 Jahren und im östlichen Bereich vor mehr als 60 Jahren eingestellt worden ist, sind abbaubedingte Setzungen seit Jahrzehnten bereits abgeklungen.
Mit dem Auftreten von Bergschäden innerhalb der gelöschten Bergwerksberechtigungen ist aufgrund der abschließenden Sicherungsarbeiten der GKB an den ehemaligen Tagesöffnungen nicht mehr zu rechnen. Grundstücke, auf denen sich ehemalige Tagesöffnungen befinden, bleiben als Bergbaugebiet aufrecht.
Mit Bescheid BMWFW-67.050/0064-III/10/2016 vom 15. Juni 2016 des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft wurden die Grubenfelder Marcus, Josefi, Neu-Josefi und Neu-Glück für erloschen erklärt und die betroffenen Bergbaugebiete aufgelassen.
Die Reise des Bergbaus Vordersdorf hat damit ihr Ende gefunden.
Markus Troger